Morgenspaziergang.
Es ist Juni, und die Tage zuvor war es sehr heiß gewesen. Heute soll der heißeste Tag der Woche werden. Daher mach ich mich schon sehr früh auf den Weg. Gleich auf dem ersten schmalen Trampelpfad merke ich, dass die Luft steht. Und ich spüre wie mir der Schweiß den Rücken hinunterläuft.
Leicht schnaufend erreiche ich einen breiten Waldweg. Das Blätterdach der Kiefern und Buchen spendet Schatten und geben mir das Gefühl durch einen lichtdurchfluteten Tunnel zu laufen. Der Wind weht sanft und kühlt meine Haut. Die Vögel tirilieren, und ein kleines Mäuschen huscht durch das Gras am Wegesrand davon.
Nach 500 m öffnet sich der Wald und gibt den Blick auf die wunderschöne Landschaft im Taunus frei. Verschieden grüne Felder umrahmen ein lilafarbenes Feld. Im Hintergrund der Feldberg. Die Sonne blinzelt mir ins Gesicht und trocknet die Schweissperlen auf meiner Stirn. Ich bin bester Stimmung und freue mich schon auf den Moment, in dem ich wieder in den Wald eintauche.
Heute habe ich nicht so viel Zeit, und daher wähle ich eine Abkürzung. Es ist ein steiler Waldweg, der mit hunderten von Baumwurzeln übersät ist. Bei jedem Schritt spüre ich den weichen Waldboden. Hunderttausende Kiefernnadeln und vertrocknete Blätter haben dieses weiche Bett geformt. Am Ende des Weges komme ich auf einen breiten Forstweg, der den ganzen Tag Schatten spendet.
Hier kann ich wieder abkühlen. Meine feuchte Haut trocknet, und ich genieße den kühlen Luftzug auf der Haut. Der Geruch von feuchten Blättern und Waldmeister steigt mir in die Nase. Kurz vor Ende der Steigung erhasche ich einen zarten Geruch von Kamille.
Oben angekommen öffnet sich wieder der Wald, und lässt mich auf ein Kornfeld und eine Wiese mit wilder Kamille erblicken, es ist einfach immer wieder wunderschön, dieser Moment. Jetzt ist es auch nicht mehr weit bis nach Hause, und in Gedanken bin ich auch schon unter der Dusche.
Das letzte Stück des Weges wieder in den Wald eingetaucht vernehme ich ein rhythmisches Rascheln im Wald. Ich bleibe Stehen um zu sehen, was dort im Unterholz passiert. Zunächst denke ich, dass ich einen Hasen aufgeschreckt habe. Doch dann sehe ich zwei Rehe, die ausgelassen durch die Wald springen und genau auf mich zu kommen. Ganz still und nicht atmend verharre ich bewegungslos in der Hoffnung, dass die beiden Tiere meine Weg kreuzen. Doch ihre Sensoren sind so feinsinnig, dass sie mich rechtzeitig riechen, hören oder sehen. So dass sie abdrehen. Vielleicht sind ihnen auch meine knallgelbe Turnschuhe aufgefallen, und haben sie erschreckt.
Ich weiß es nicht.
Ich bin über glücklich über die seltene Begegnung.
Wallbach, 25.06.2019