Die Bank am Waldrand.
Ich sitze bequem auf der Bank und lehne mich an.
Hier mir der Wald und vor mir der Blick in die Landschaft des Taunus.
Die Sonne und der Wind kommen von vorne. Lassen mich die Wärme spüren.
Einige wenige vertrocknete Blätter hängen noch an den Ästen der Eichen.
Ein Luftzug rauscht an meinen Ohren vorbei und die trockenen Blätter rascheln.
Die ersten Keimlinge des Getreides haben es durch den schweren Boden geschafft.
Die Sonne ist warm und hat Kraft.
Ich bemerke, dass es zu trocken ist. Die Natur braucht dringend Regen.
Wo ist er nur? War schon vor Tagen vorher gesagt.
Der Wind bläst alles, was noch an mir hängt davon.
Macht mich frei und klärt meinen Geist.
Ich frage mich, wie geht es nach dieser ver-rückten Zeit weiter?
Wie sieht unser Leben dann aus?
Können wir den Menschen wieder vorbehaltlos begegnen?
Uns wie früher zur Begrüßung umarmen?
Oder werden wir dann immer noch mißtrauisch im Supermarkt
aneinander vorbei schleichen?
Werden wir wieder so viel im Außen unterwegs sein?
Oder uns mehr Ruhe gönnen? Einkehr und BeSINNung?
Hier am Waldrand herrscht Ruhe;
kein Straßenlärm, kein Fluglärm und kein Gebelle.
Eigentlich ist es wie ein normaler Wochentag. Wenig bis keine Menschen sind im Wald unterwegs. Ob sie alle im Homeoffice sind?
Am Sonntag sind mehr Menschen draußen. Familien, Paare und Einzelpersonen.
Hier auf dem Land ist das kein Problem.
In der Stadt wird es in den Parks mit dem Mindestabstand schwierig;
zumindest an den Wochenenden.
Apropos Mindestabstand:
Wie soll der in den Supermärkten eingehalten werden?
Viele bestellen sogar ihre Lebensmittel online.
Werden wir unsere Waren später nur noch im Internet bestellen?
Dürfen wir danach noch mit Bargeld bezahlen?
Was wird aus den kleinen Geschäften?
Schaffen sie einen Neuanfang? Oder sind sie für immer verschwunden?
Ich freue mich, dass ich hier sitzen darf. Meinen Gedanken freien Lauf lassen kann, und alles um mich herum wahrnehme.
Das hat etwas Unbeschwerte und Befreites.
Wer hat noch einen Arbeitsplatz?
Wer kann bzw. konnte seinen finanziellen Verpflichtungen nachkommen?
Wann haben wir uns von den finanziellen Verlusten erholt?
Der erste Löwenzahn blüht gelb, und ist ein Farbflecks im Grün am Wegesrand.
Eine Hummel sucht brummend nach Blüten. Weich und pelzig ist ihr kleiner Körper.
Gerne möchte ich so ein Tierchen mal berühren.
Die Luft flimmert über dem Feld; eine Fatamorgana im Taunus.
Wenn alles vorbei ist:
Was ist uns dann noch wichtig?
Können wir unsere Kontakte in dieser Tiefe, die sie jetzt haben, beibehalten?
Haben wir etwas gelernt?
Werden wir danach die Wahrheit wissen, wie schlimm Corona wirklich war?
Welche Maßnahmen, die eingeführt wurden, werden wirklich wieder zurückgenommen?
Rechts am Feldrand stolzieren zwei Krähen über das Feld.
Majestätisch sehen sie aus.
Ganz in der Ferne glitzert ein Auto vom Sonnenlicht und saust über die Bundesstraße.
Hier am Waldrand ist alles sehr idyllisch.
Ob die Hummeln von alldem etwas mitbekommen?
Dem Frühling interessiert das nicht.
Dem ist das alles egal: Desinfektionsmittel und Mindestabstand.
Er wird über die Grenzen hinaus einkehren und in den Sommer übergehen.
Ganz am Ende des Waldwegs sehe ich jemand mit einer hellblauen Jacke spazieren gehen. Auch eine Einzelperson allein unterwegs.
Die Fragen kommen, und der Wind pustet sie wieder davon.
Er nimmt zu an Geschwindigkeit zu,
flattert durch mein Notizbuch und verwuschelt mein Haar.
6.April 2020