Der Rauschgoldengel.
Es ist etwa 22 Jahre her. Da ist er zu mir gekommen.
Ich war das erste Mal in meinem Leben in Kuala Lumpur.
Damals war ich noch Kopilotin auf dem Airbus A340.
Die beiden PETRONAS-Türme wurden noch gebaut.
Über 10 Jahre später habe ich die Türme dann besichtigt.
Es war wie immer tropisch warm, wenn nicht sogar heiß in der Stadt.
Da brachte der Besuch einer Shopping-Mall eine angenehme Abkühlung.
Meine Kontakte zu Asien waren zu dieser Zeit eher gering,
und so machte es ganz viel Spaß mit einer Kollegin das Einkaufszentrum zu entdecken.
Ich meine, dass es im Oktober war.
Die ersten Geschäfte führten Weihnachtsdekorationen.
Alles für den westlichen Touristen, wovon es damals noch sehr wenige gab.
Oder für die Einheimischen, die von der Religion her kein Weihnachten kannten.
Sie entdeckten den Weihnachtskaufrausch und kurbelten den Umsatz an.
Ich hatte schon einige Schleifen und Weihnachtskarten mit englischem Text gekauft, da entdeckte ich mit der Kollegin zwei Rauschgoldengel.
Es war sofort klar, dass jede von uns einen dieser goldigen Exemplare mit nach Hause nehmen würden.
Der Engel ist aus Pappmaché gefertigt und ca. 40 cm groß.
Damit war er eindeutig zu groß für den Koffer.
Außerdem wäre er im Koffer zerdrückt worden.
Also habe ich ihn sorgfältig eingepackt im Handgepäck nach Deutschland gebracht.
In den ersten Jahren wurde er nur als Weihnachtsdekoration verwendet.
Nun sitzt er schon seit längerem auf meinem antiken Wohnzimmerschrank und beobacht das Treiben im Raum.
Wann immer ich die Kollegin in den letzten 20 Jahren in der Firma getroffen habe, mußten wir herzhaft lachen und haben uns „Rauschgoldengel“ zugerufen.
© 09.03.2021